Das Konzept von Agni, dem Sanskrit-Wort für Feuer, ist ein Schlüssel der ayurvedischen Tradition. Die Kraft von Agni stellt dabei die Quelle alles Lebendigen dar. Ein Mensch ist so alt wie sein Agni und wenn sein Agni erlischt, stirbt er. Eine Störung auf der Agni-Ebene wird auch als die Wurzel jeder Krankheit beschrieben. Dabei ist mit Agni nicht das bloße Element Feuer gemeint, sondern das metabolische Feuer, das Feuer der Intelligenz, das Feuer, das allen transformativen Prozessen innewohnt und diese regelt. Feuer stellt die Brücke dar zwischen Körper, Geist und höherem Bewusstsein und verbindet das Individuum mit dem Kosmos.
Somit ist es Agni, das unsere Gefühle, aber auch unsere Nahrung verdaut und in Energie umwandelt. Agni koordiniert viele komplexe physiologische Prozesse, erhält die Körpergewebe bis hin zur Zellebene, verleiht Haut und Augen den Glanz und unserer Erscheinung die Ausstrahlung.
Agni ist der Hüter unserer Gesundheit; ein vifes Agni schützt vor einer Anhäufung von Vata, Pitta, Kapha und Ama (Toxine). Ein gut brennendes Feuer verhindert die Invasion unerwünschter, halbverdauter Stoffe in die Gewebe und verbrennt sie ausreichend an Ort und Stelle.
Agni ist ein Schlüssel für unser Wohlbefinden, ein ausgeglichenes Agni das Geheimnis eines langen und gesunden Lebens. Daher verdient Agni unsere Aufmerksamkeit, unsere Hingabe, unser Verständnis und unsere Sorgfalt.
Was fördert Agni?
Das Agni zu stützen ist der erste und wichtigste Schritt der ayurvedischen Ernährungstherapie. Das ist leicht umzusetzen und einzuhalten und bringt bereits die ersten Erfolge. Es gibt viele Möglichkeiten Agni zu unterstützen, dessen Qualitäten als heiß, scharf, trocken, leicht, beweglich, subtil, leuchtend und klar beschrieben werden können. Generell vermögen alle Substanzen und Erfahrungen mit ähnlichen Eigenschaften Agni zu stärken und jene mit entgegengesetzten dieses zu stören und zu schwächen.
Jeder Happen, den wir in uns aufnehmen (physisch oder anders) ist eine Gabe an Agni. Diese kann mit bewusster und achtsamer Intention geschehen, oder auf unbewusste oder stumpfsinnige Art. Wir können uns auf unsere Nahrung und Umgebung bewusst konzentrieren und dadurch unser Agni ehren und erhöhen, oder wir können Substanzen und Erfahrungen den Vorzug geben, die unser Agni absticken, lähmen oder mindern.
Gut und bewusst essen
Unser Essen ist einer der direktesten und potentesten Wege zum Ausgleich unseres Metabolismus. Leichte Kost, die sattvisch (rein und ausgeglichen) und gut zu verdauen und ist, regt unser Agni an, unterstützt ein natürliches Hungergefühl und die Gewohnheit regelmäßiger Mahlzeiten. Die angemessene Quantität (ca. zwei Handvoll) zu essen, stärkt unser Agni zusätzlich. Genauso wichtig ist es, unserem Verdauungsprozess die nötige Zeit zu geben, bevor wir erneut essen, zumindest drei Stunden, oft sollten es aber auch sechs sein. Kleine Schlückchen warmes Wasser oder Ingwerwasser während den Mahlzeiten zu nehmen, hilft der Verdauung zusätzlich.
Jathar-Agni (das zentrale Agni) hat seinen Sitz im Magen, aber speist das Agni im ganzen Körper. Sobald wir unsere ganze Aufmerksamkeit bei jedem Essen versammeln, kräftigen wir den ganzen Körper. Es stärkt auch, nur dann zu essen, wenn wirklich Hunger da ist. Echter Hunger zeichnet sich aus durch ein leichtes Körpergefühl und einen guten Appetit, der durch die Nahrungsaufnahme sofort gestillt wird. Falscher Hunger kann ausgelöst werden durch Langeweile, emotionalen Unmut, Erschöpfung und andere Störungen und wird normalerweise gestillt durch eine kurze Pause, ein paar Schritte oder ein bisschen warmes Wasser.
Agni-hemmende Stoffe vermeiden
Kalte Getränke löschen das Verdauungsfeuer, daher empfiehlt Ayurveda diese zu vermeiden. Ähnlich verhält es sich mit zu viel Trinken (vor allem zum und nach dem Essen), welches das Agni verwässert und die Verdauungskraft hemmt. Übermäßiger Schlaf, Überessen, emotional gesteuerte Nahrungsaufnahme, das Essen von Speiseresten dämpfen das Agni, Speisen wie Käse, Fleisch, Pilze stumpfen seine Schärfe ab. Auch schweres Essen, zu viel Koffein und trübes Wetter können die klare, leichte Natur von Agni beeinträchtigen. Wenn wir essen, obwohl wir emotional belastet, gelangweilt oder durstig anstatt hungrig sind und wenn unser Geist trist ist und trübe, wird unser Agni darunter leiden.
Belebe Agni vor dem Essen
Es gibt viele einfache Wege, Agni direkt vor dem Essen zu entfachen, sodass unser Verdauungsfeuer unsere Nahrung effektiv verarbeiten und angesammelte Schadstoffe ausreichend verbrennen kann. Eine Möglichkeit ist ein kurzer Spaziergang vor dem Essen. Dies ermöglicht uns auch, festzustellen, ob unser Hunger echt ist. Emotionales Verlangen nach Essen vergeht nach einer kleinen Spazierrunde meist, echter Hunger wird stärker. Eine andere Agni-fördernde Technik ist es, mehr Wasser zur richtigen Zeit zu trinken, das heißt über den ganzen Tag verteilt ca. drei Liter. Versuchen Sie ein Glas warmes Wasser (Raumtemperatur bis sehr warm) direkt nach dem Aufstehen zu trinken und ein großes Glas 20 bis 30 Minuten vor dem Essen. Diese Praxis reinigt und befeuchtet nicht nur unser Gewebe, sondern verbessert auch sehr die Verdauungskraft. Wenn sie ein Dosha besonders ausgleichen müssen, ist es auch in Hinblick auf das Agni ratsam, eine dementsprechende Kost einzuhalten.
Wie unterstütze ich die Verdauung nach dem Essen
Nach dem Essen ist es wichtig, tief und voll einzuatmen, bevor man aufsteht und wieder anderen Aktivitäten nachgeht. Dies erlaubt dem Körper, die Befriedigung der Mahlzeit zu registrieren und schafft die nötige Achtsamkeit, bevor wir quasi wieder zur Tagesordnung übergehen. Manche Menschen genießen auch den probiotischen Efekt eines kleinen Gläschens Lassi nach dem Essen. Lassi wird gemacht mit frischem, am besten selbstgemachten Yoghurt, vermischt mit vier Teilen Wasser und kann eine Prise Salz oder Kurkuma zur Verdauungsanregung enthalten. Wenn Sie Mahlzeiten schläfrig machen, kann ein kurzer Spaziergang sehr dienlich sein, falls sie dazu neigen, sich zu übernehmen, versuchen Sie, sich nach dem Essen fünf bis fünfzehn Minuten auf die linke Seite zu legen für einen kurzen Powernap. Diese Position aktiviert den solaren Energiekanal, der mit Agni verbunden ist, somit ist das Schläfchen nicht nur entspannend und erfrischend, sondern fördert auch eine gesunde Verdauung.
Regelmäßig Fasten
Eine Fastenkur ist ein kraftvoller Weg, Agni zu kräftigen und wieder herzustellen. Ayurveda ehrt die angeborene Körperweisheit. Eine ayurvedische Fastenkur gibt dem Körper die Chance, zu entgiften, zu regenerieren, das Gewebe zu beleben und Agni im ganzen Körper wieder zu entfachen. Fürs Fasten gibt es unzählige Möglichkeiten. Für manche Menschen ist es geeignet, eine Woche halb- oder ganztags nur Wasser zu sich zu nehmen. Für die meisten Menschen jedoch, bedeutet dies zusätzlichen Stress und es ist angemessener, jede Woche nur einen Fasttag zu machen. Das könnte bedeuten, einen Tag nur Früchte, Saft oder was nährender wäre, nur Kitchari oder Mungbohnensuppe einzunehmen. Was für Sie angebracht ist, hängt von Ihrer Konstitution und Ihrem Zustand ab. Manche Menschen wählen eine tiefere Reinigungskur zu besonderen Jahreszeiten oder jährlich eine klassische Panchakarma-Kur, die ausgefeilteste ayurvedische Kur-Variante. Ein erfahrener Ayurveda-Praktiker kann Sie beraten bei der Wahl der geeigneten Fastenkur für Ihr individuelles Körper-Geist-Seele-Gleichgewicht. In Hinblick auf Ihren individuellen Kur-Erfolg sind Sie gut beraten, jede dieser Varianten mit Ihrem Ayurveda-Praktiker genau zu besprechen.
Viel Bewegung
Einer der besten Wege, unser Agni zu stärken, ist die nötige körperliche Bewegung. Die Art, Dauer und Intensität der Bewegung hängt immer von Ihrer Konstitution und Ihrer Verfassung ab, Ausdauer und Flexibilität sollten beide im Fokus stehen. Vata profitiert am meisten von sanften, erdenden Formen der Bewegung, wie Yoga, Pitta wird ausgeglichen durch moderate Bewegung, weniger durch leistungsbetonten Sport. Kapha wiederum braucht stimulierende bis intensive Bewegung.
Frische Luft und Pranayama
So wie Feuer von einer Brise angefacht wird, wird unser Agni angeregt durch frische Luft, wenn wir tief einatmen oder unsere Körper entspannen. Einfach rausgehen und einen Spaziergang oder ein Wanderung machen an der frischen Luft. Falls Sie offen sind für spezifische Atem-Techniken, können Sie Ihre Zellen auch durch Pranayama erfrischen.
Eine stete Tagesroutine
Ayurveda legt großen Wert auf eine angemessene Tagesroutine. Diese ist sehr förderlich für Ihr Agni. Ein regelmäßiger Tagesablauf vermindert Stress und schafft einen sicheren Raum, eine Struktur, die dem natürlichen Hungergefühl und den inneren Rhythmen eine Stütze verleiht. Auch wird das Agni dadurch vorbereitet auf seine fixen Zeiten und unsere geistige Balance wird unterstützt von unserer bewussten und regelmäßigen Tagesgestaltung und Psychohygiene. Für den Anfang kann es genügen, zur selben Zeit, am besten vor Sonnenaufgang aufzustehen, vor 22 Uhr zu Bett zu gehen und die Mahlzeiten täglich zu circa den selben Zeiten einzunehmen.
Triphala
Triphala ist ein traditionelles, ayurvedisches, pflanzliches Heilmittel, das aus drei Früchten besteht, die unsere Konstitution ausgleichen. Es ist sehr beliebt, da es auf sanfte Weise die Darmtätigkeit reguliert, den Darm reinigt und gleichzeitig die Darminnenwände nährt und regeneriert. Dadurch stärkt Triphala Agni im ganzen Körper. Eine halbe Stunde vorm Schlafen gehen kann man entweder einen halben Teelöffel Triphala-Pulver (mit kochendem Wasser übergießen, abkühlen lassen) oder zwei Triphala-Tabletten mit warmem Wasser einnehmen.
Meditieren hilft gegen den Stress
Stress kann einen großen Einfluss auf unsere gesamte Gesundheit haben und vor allem auch auf unsere Verdauung. Meditation ist hier eine elegante und subtile Therapie zur Stressminderung, vermag Gedanken und Gefühle zu regulieren, einen gesünderen Geisteszustand zu bewirken und eine produktivere Verfassung in uns herzustellen.