Was mich besonders fasziniert an der traditionellen indischen Medizin Ayurveda ist ihre Jahrhunderte dauernde Beschäftigung mit unserem Menschsein, einer in ein bestimmtes Umfeld eingebetteten Ganzheit als körperlich-seelisch-geistiges Wesen. Wie reagieren unsere Organe oder unsere Haut, wie unsere energetische Verfassung oder Gefühle auf das Klima, die Jahreszeiten bzw. auf Krisen oder Schicksalsschläge? Wodurch schaffen wir eine starke Mitte, die uns trägt? Was erhält unsere Vitalität und wie setzen wir gesunde Grenzen um mit depressiven Stimmungen, Krankheit, Todesfällen oder auch nur mit einer schwachen Verdauung umgehen zu können?
Die ayurvedische Lebenslehre gibt sehr genaue Empfehlungen, um die eigene Konstitution über die Jahre hinweg zu stärken – durch Ernährung, Reinigungsrituale oder auch Praktiken wie Yoga, Atemübungen oder Meditation.
Im späteren Winter bis Ende Februar baut der Körper Kapha (die Bioenergie und das Element Erde) auf, um die maximale Immunkraft weiter zu gewährleisten und einer mögliche Schwächung vorzubeugen. Jetzt lohnt es sich viel warme Speisen mit anregenden Gewürzen zu essen und tagsüber heißes Wasser zu trinken. Auch macht jetzt das Gläschen Rotwein am Abend Sinn.
Im Winter braucht unser Verdauungsfeuer besonders viel Kraft, da das Wetter unsere Bioenergien Vata und Kapha ansteigen lässt, unsere innere Kälte, aber auch Trägheit, körperliche und psychische Schwere. Ausreichend Ruhe, wärmende Kleidung und eine für unsere jeweilige Konstitution geeignete Ernährung sind nun sehr hilfreich. Der Vatatyp isst am besten feine Süppchen aus Wurzelgemüse für die nötige Erdung, der Pitta-Typ Kartoffelgratin und Bohnensuppen oder Kohleintöpfe, der Kapha-Typ Reis mit Mungdal und dazu intensiv gewürztes Gemüsecurry. Durch die passende Nahrung beugen alle drei Typen möglichen Erkältungskrankeiten bzw. Blockaden der Srotas (Leitbahnen) durch Ansammlungen aller Art vor, d.h es gilt die Transportfunktionen derselben zu erhalten und somit Verschleimung, Austrocknung oder Entzündungen zu verhindern.
Ist eine Erkältung bereits im Anzug, sollten wir uns durch eine Schonkost über den „Berg“ bringen und ganz besonders rotes Fleisch, Eier, Fisch, Kuchen, fettige oder rohe Nahrung eine Zeitlang eher meiden und Suppen, leichten Gemüsegerichten und Eintöpfen den Vorzug geben. Heißer Ingwertee und viel Gewürze fachen zusätzlich unser Angi (Verdauungsfeuer) an, welches im Anfangsstadium einer Erkrankung oft geschwächt ist. Zitrusfrüchte sollten in diesem Stadium nach ayurvedischem Wissen trotz dem hohen Vitamingehalt eher gemieden werden, da Säure die Entzündungsprozesse beschleunigt. Der bittere und herbe Geschmack (Heilkräuter, langer und schwarzer Pfeffer, Nelke, Zimt, Kurkuma, Beifuß, Süßholz) ist hier förderlich und bewirkt ein für Erreger abträgliches Milieu. Auch ein qualitativ hochwertiger, am besten ein flüssiger Waldhonig mit bitterer und scharfer Note, ist ein gutes Mittel.
Weiters empfehlen sich tägliche Nasenspülungen mit warmem Salzwasser und die anschließende Pflege der Nasenschleimhäute mit Öl oder Ghee, bei akutem Schnupfen sind nicht die Spülungen, sondern vielmehr mehrere Inhalationen täglich etwa mit Ajwain oder Thymian förderlich.
Vorbeugend und bei ersten Anzeichen einer Verkühlung empfehle ich folgenden ayurvedischen Erkältungstee wärmstens:
1 große Scheibe Ingwer
5 Nelken
2 Pfefferkörner
1 TL Süßholz
¾ Liter Wasser
1 – 2 Teelöffel Honig
Die Gewürze 5 Minuten köcheln, den Tee abkühlen lassen, mit etwas Honig verrühren, in eine Thermoskanne geben und über den Vormittag verteilt trinken.
Gebt Euch selbst genügend Hülle, schaut auf die nötige Nähe und Distanz zu Euren Nächsten, einen geerdeten Lebensstil, soviel soziale Wärme und Berührung wie zur Zeit möglich und navigiert gut durch den restlichen Winter!